Auf ein Wort zur Jahreslosung 2020
„un-Glaube“!
Liebe Leserin, lieber Leser
Eine Familie wird uns im Jahr 2020 in unseren Gottesdiensten vielleicht öfter beschäftigen.
Denn aus ihrer Geschichte in der Bibel stammt die neue Losung für das Jahr 2020.
Von dieser Familie überliefert die Bibel keine Namen. Aber sie bleibt unvergessen.
Der Evangelist Markus erzählt als erster von einem Vater, dessen Sohn offenbar unter schwerer Epilepsie leidet. Immer wieder werfen ihn die Anfälle zu Boden. Manchmal sogar in das Herdfeuer.
Zur Zeit Jesu ist für alle klar: Wenn der Sohn so gepeinigt wird. Dann stimmt mit der Familie etwas nicht. Dann haben böse Geister ihre Hände im Spiel. Dann stehen da unbewältigte Verfehlungen im Raum.
Denn Krankheit galt den meisten Zeitgenossen Jesu als Strafe Gottes. Dieses Denken war damals leider gang und gäbe. Die Kranken litten nicht nur körperlich. Sondern auch an der sozialen Ächtung.
Zuerst versuchen die Jünger sich an der Heilung des Jungen. Denn schließlich hatte ihnen Jesus kurz zuvor die Vollmacht zum Heilen gegeben.
Aber die Jünger scheitern. Und der Vater wird immer verzweifelter. Er hatte solch große Hoffnung in Jesus gesetzt.
Und Jesus nimmt sich nun selber des Jungen an.
Jesus nimmt sich Zeit. Er lässt sich vom Vater erklären, was den Jungen plagt.
Und dann kommt es zum entscheidenden Dialog.
Der Vater fleht Jesus an: Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!
Die Hoffnung, aber auch die Zweifel des Vaters schreien aus diesen wenigen Worten.
Erbarm dich und hilf uns! So fleht er Jesus an.
Aber mit einem ganz großen zynischen Vorbehalt:
Wenn du aber etwas kannst! Kannst Du etwas Jesus?
Deine Jünger haben versagt. Kannst Du es besser Jesus?
So viele schlechte Erfahrungen hat der Vater schon machen müssen. Sein Vertrauen wurde so oft enttäuscht.
Er will, dass Jesus es kann. Dass Jesus hilft.
Aber die Zweifel sind stark in dem Vater.
Und Jesus hört das sofort. Er führt den Vater an den wunden Punkt: Du sagst: Wenn du kannst!
Traust Du es mir denn zu?
Denn alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.
Jesus spielt den Ball zum Vater.
Traut er es denn Jesus zu?
Und der Vater begreift, kann seine eigenen Zweifel offen erkennen.
Aber er wirft sein letztes verbliebenes Vertrauen auf Jesus:
Ich glaube, hilf meinem Unglauben!
Genau das macht unseren christlichen Glauben aus.
Er ist immer wieder mit Unglauben und Zweifeln vermischt.
An viele Dinge in unserer Welt müssen wir nicht glauben.
Weil sie, zumindest aus unserer Sicht einfach so sind, wie sie sind.
3 plus 3 ist 6.
Wasser besteht aus Sauerstoff und Wasserstoffmolekülen.
Bayern war 2019 wieder deutscher Fußballmeister.
Das müssen wir nicht glauben. Das wissen wir.
Anderes beansprucht zwar, Wissen zu sein. Ist aber vielleicht doch eine Glaubenssache.
Der Kapitalismus ist die beste Wirtschaftsform.
Das Weltall ist durch den Urknall entstanden.
Das sind solide und hilfreiche Erklärungen.
Aber wissen tun wir es nicht. Wir glauben es nur, halten es für wahrscheinlich.
Und dann ist da der Glaube an Gott.
Dieser Glaube kann kein Wissen sein.
Wir können vieles über den Glauben wissen. Was Jesus gesagt und getan hat. Was Gott in der Bibel den Menschen durch seine Propheten mittgeteilt hat.
Aber wir können nicht wissen, ob all das für unser Leben wirklich von Bedeutung ist.
Wir können es nur glauben.
Ich denke, darum ist Gott in einem kleinen Kind zur Welt gekommen. Weil er unser Vertrauen braucht.
Wäre Gott gekommen, wie ein menschlicher König. Dann hätte er manche überzeugt. Andere aber abgeschreckt: der Gott der Christen ist ja nur ein überhöhter Mensch, So wie Zeus oder Jupiter.
Aber Gott will unser Vertrauen.
Und darum geht er ungewöhnliche Wege.
Er kommt in einem kleinen Kind zur Welt.
Und er fordert von uns Menschen Vertrauen ein.
Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.
Der Vater hat vielleicht nicht mehr viel Vertrauen. Aber dieses letzte Vertrauen setzt er ein. Wirft es Jesus hin.
Und weiß, dass es nicht viel ist.
Ich glaube, hilf meinem Unglauben!
Mich hat dieser Vater schon immer sehr beeindruckt. Es ist eine meiner Lieblingsgeschichten in der Bibel.
Er resigniert nicht. Er lässt sich von Jesu Kritik nicht entmutigen.
Sondern er wirft seinen letzten Glauben auf Jesus.
Und das reicht aus.
Wir müssen keine Superhelden im Glauben sein.
Das ist keine der Hauptpersonen in der Bibel.
Alle haben ihre Zweifel, ihre Schwächen. Ihre Eitelkeiten und Verletzungen.
Aber das reicht.
An einer anderen Stelle der Bibel sagt Jesus: Es reicht, wenn euer Glaube so klein ist, wie ein Senfkorn.
Das macht mir Mut. Es immer weiter zu versuchen mit dem Glauben.
Und ich wünsche uns, dass uns dieser Vater aus der Bibel in diesem Jahr zum Glauben ermutigen wird. Weil es dazu gar nicht viel braucht.
Ein Senfkorn genügt.
Ich glaube, hilf meinem Unglauben!
Herzliche Segenswünsche für 2020, Ihr Pfarrer Andreas Funk